KI hört mit – Was Unternehmer über das Aufzeichnen von Gesprächen wissen müssen

RA Rauchfuss

Künstliche Intelligenz macht vieles einfacher. Meeting-Notizen? Erledigt. Kundengespräche dokumentieren? Kein Problem. Aber Vorsicht: Wer KI-Tools zum Mithören von Gesprächen einsetzt, bewegt sich schnell auf dünnem Eis – rechtlich gesehen.

In diesem Artikel erfährst du, wo die Grenzen liegen und wie du KI-gestützte Aufzeichnungen rechtssicher nutzt.

Warum KI-Tools so verlockend sind

Mal ehrlich: Wer möchte nach einem dreistündigen Meeting noch alles aus dem Gedächtnis protokollieren? KI-Tools wie Otter.ai, Fireflies oder Microsoft Teams mit Transkription versprechen genau hier Entlastung. Sie hören mit, schreiben mit und fassen zusammen.

Für dein Business kann das Gold wert sein:

  • Keine wichtigen Details gehen verloren
  • Mitarbeiter können sich aufs Gespräch konzentrieren
  • Automatische Zusammenfassungen sparen Zeit
  • Kundenwünsche werden präzise dokumentiert

Klingt perfekt. Ist es aber nicht – zumindest nicht ohne Spielregeln.

Das nicht öffentlich gesprochene Wort ist geschützt

Hier wird's ernst: In Deutschland ist das nicht öffentlich gesprochene Wort durch § 201 StGB geschützt. Das bedeutet: Wer Gespräche ohne Zustimmung aller Beteiligten aufnimmt, macht sich strafbar.

Die Konsequenzen können sein:

  • Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
  • Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche
  • Imageschaden für dein Unternehmen
  • Unwirksamkeit der Aufzeichnung als Beweismittel

Dabei spielt es keine Rolle, ob du das Gespräch nur für dich aufnimmst oder weitergibst. Auch die Absicht ist unerheblich – selbst wenn du dir nur Arbeit erleichtern willst.

Was heißt "nicht öffentlich gesprochen"?

Nicht öffentlich ist ein Gespräch immer dann, wenn es in einem geschützten Rahmen stattfindet:

  • Vier-Augen-Gespräche
  • Meetings im Konferenzraum
  • Telefonate
  • Videocalls

Öffentlich wären dagegen Reden auf Messen oder Vorträge in offenen Veranstaltungen.

DSGVO: Der zweite Stolperstein

Neben dem Strafrecht wartet auch die Datenschutz-Grundverordnung. Denn Stimmen sind personenbezogene Daten. Wer sie verarbeitet – und dazu zählt auch das Aufzeichnen – braucht eine Rechtsgrundlage.

Die gängigsten Optionen:

  • Einwilligung, Art. 6 abs. 1 Lit. a) DSGVO: Alle Gesprächsteilnehmer stimmen ausdrücklich zu
  • Vertragserfüllung, Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO: Die Aufzeichnung ist für die Vertragsabwicklung notwendig
  • Berechtigtes Interesse, Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO: Nur in eng begrenzten Fällen möglich

In der Praxis läuft es fast immer auf die Einwilligung hinaus. Und die muss freiwillig, informiert und eindeutig sein.

Was du beachten musst

Bei jeder KI-gestützten Aufzeichnung gilt der Grundsatz der Transparenz, Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO:

  • Informiere vor dem Gespräch über die Aufzeichnung
  • Hole die ausdrückliche Zustimmung aller ein
  • Erkläre, wozu die Aufnahme verwendet wird
  • Nenne den KI-Anbieter und wo Daten gespeichert werden
  • Weise auf das Widerrufsrecht hin
  • Dokumentiere die Einwilligung


Besonders kritisch: Viele KI-Tools verarbeiten Daten in den USA oder anderen Drittländern. Das erfordert zusätzliche Schutzmaßnahmen.

Praktische Lösungen für deinen Arbeitsalltag

Jetzt denkst du vielleicht: "Super, dann kann ich KI-Tools vergessen." Nicht ganz. Es gibt legale Wege.

Interne Meetings

Bei Meetings nur mit eigenen Mitarbeitern kannst du eine Betriebsvereinbarung schließen oder eine Einwilligung in den Arbeitsvertrag aufnehmen. Wichtig: Mitarbeiter müssen zustimmen können, ohne Nachteile befürchten zu müssen - das heißt die Einwilligung muss wirklich freiwillig sein, was im Arbeitsverhältnis regelmäßig genau zu prüfen ist.

Besser: Kündige die Aufzeichnung zu Beginn jedes Meetings an und hole eine mündliche Zustimmung ein, die du protokollierst.

Kundengespräche

Bei externen Gesprächen wird's komplizierter. Hier brauchst du fast immer eine klare Einwilligung.

So machst du es richtig:

  • Schicke vorab eine kurze Info zur geplanten Aufzeichnung
  • Frage zu Beginn des Gesprächs noch einmal nach
  • Biete an, die Aufzeichnung zu stoppen, wenn jemand nicht einverstanden ist
  • Lösche Aufnahmen, sobald sie nicht mehr benötigt werden

Telefonate

Bei Telefonaten ist besondere Vorsicht geboten. Eine Ansage wie "Dieses Gespräch wird zu Qualitätszwecken aufgezeichnet" reicht nicht aus. Du brauchst eine aktive Zustimmung.

Tipp: Verzichte bei Telefonaten besser auf automatische Aufzeichnung und mache stattdessen Notizen.

Alternativen zur Vollaufzeichnung

KI kann auch helfen, ohne komplett mitzuhören:

  • Nutze KI-gestützte Notiz-Apps, die du selbst fütterst
  • Diktiere nach Meetings eine Zusammenfassung
  • Setze auf Live-Transkription nur mit Zustimmung, ohne Speicherung
  • Verwende KI zur Nachbereitung deiner handschriftlichen Notizen

Was tun bei Verstößen?

Falls dir ein Fehler unterlaufen ist:

  • Stoppe sofort weitere Aufzeichnungen
  • Lösche rechtswidrig erstellte Aufnahmen
  • Informiere Betroffene
  • Prüfe, ob du den Vorfall der Datenschutzbehörde melden musst

Besser natürlich: Von Anfang an sauber arbeiten. Vorhaben - wie immer im Datenschutzrecht - transparent machen.

Checkliste für KI-gestützte Gesprächsaufzeichnung

Bevor du den Aufnahme-Button drückst, kläre nochmal die folgenden Punkte:

  • Sind alle Teilnehmer über die Aufzeichnung informiert?
  • Liegt von jedem eine freiwillige Einwilligung vor?
  • Sind Zweck und Speicherdauer vorher festgelegt?
  • Ist der KI-Anbieter DSGVO-konform?
  • Hast du Alternativen geprüft?

Nur wenn du alle Punkte mit Ja beantworten kannst, bist du auf der sicheren Seite.

KI-Tools sind mächtige Helfer – aber nur mit Augenmaß und rechtlichem Bewusstsein. Nimm die Regeln ernst, hol dir Zustimmungen ein und überlege zweimal, ob eine Aufzeichnung wirklich nötig ist. Dein Business und deine Reputation werden es dir danken.

Wenn du Unterstützung bei dem Einsatz von KI-Tools brauchst, nimm gerne Kontakt mit mir auf:


FAQ – Häufige Fragen zur KI-Gesprächsaufzeichnung

Darf ich Meetings mit KI-Tools automatisch aufzeichnen lassen?
Nein, nicht ohne Zustimmung aller Teilnehmer. Du brauchst vorher eine informierte Einwilligung jedes Beteiligten.

Reicht eine mündliche Zustimmung aus?
Ja, aber dokumentiere sie. Am besten sagst du zu Beginn: "Ich zeichne dieses Gespräch mit KI auf – ist das für alle okay?" und hältst die Zustimmung schriftlich fest.

Was passiert, wenn ich ohne Einwilligung aufzeichne?
Du machst dich strafbar nach § 201 StGB und verstößt gegen die DSGVO. Das kann Geldstrafen, Schadensersatz und Imageschaden bedeuten.

Gilt das auch für Telefonate?
Ja, gerade bei Telefonaten. Eine Bandansage allein reicht nicht – du brauchst eine aktive Zustimmung.

Kann ich die Aufzeichnung als Beweismittel vor Gericht nutzen?
Nur wenn sie rechtmäßig erstellt wurde. Illegale Aufnahmen können eine Straftat sein und dich selbst in Schwierigkeiten bringen.

Muss ich meinen Mitarbeitern das Aufzeichnen erlauben?
Nein, als Arbeitgeber kannst du die Nutzung von Aufzeichnungs-Tools regeln. Achte aber darauf, dass du selbst alle Vorgaben einhältst, wenn dein Unternehmen KI-Tools einsetzt.

Wie lange darf ich Aufzeichnungen speichern?
Nur so lange, wie es für den vorher festgelegten Zweck nötig ist. Danach musst du sie löschen. Dokumentiere die Löschfristen.

Was ist mit KI-Tools aus den USA?
Kritisch, da oft kein angemessenes Datenschutzniveau. Prüfe, ob der Anbieter unter dem TADPF zertifiziert ist, oder alternativ EU-Standardvertragsklauseln nutzt und zusätzliche Schutzmaßnahmen bietet.



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